11 Juli 2007

 

Homo-Krieg auf YouTube



Wüste schwulenfeindliche Beschimpfungen und Aufrufe zur Gewalt – und alles auf Deutsch – finden sich mehr und mehr auf YouTube.

Ein Mann läuft mit dem Schild "Schwule raus" auf der Straße des 17. Juni Richtung Siegessäule. Es ist der 23. Juni, der Christopher Street Day in Berlin. Jedem Schwulen und jeder Lesbe, der er begegnet, schmeißt er Beleidigungen entgegen: "Raus mit den Schwulen", "Keine Toleranz, Alter", "Wir dulden keine Schwuchteln". Einer Person, die sich über das Schild beschwert, ruft er entgegen: "Halt doch die Fresse, du Missgeburt." Später wird er noch deutlicher und sucht gezielt die Provokation: Es hagelt "Geht mal schön Schwanzfressen", "Halt mal die Fresse, du Schwanz, du fette Hure" oder "Die Untermenschen kommen zum Fest". Das ganze Geschehen wurde von einem Kameramann festgehalten und war bis letzte Woche auf YouTube zu sehen – und hier kommentierten eine Reihe von Fans die Aktion der Filmemacher mit Wohlwollen. Das Videoportal – das vor allem mit Filmchen über künstlerisch begabte Hunde oder bellende Katzen bekannt wurde – wird immer mehr zum für Hass-Tiraden missbraucht. Dieser Trend hat nun auch den deutschsprachigen Raum erreicht.Inzwischen hat das schwule Antigewaltprojekt Maneo Strafanzeige gegen die beiden erstattet. Die Aktivisten bitten Betroffene und Zeugen, sich zu beim Überfalltelefon zu melden (Tel. 030/ 216 33 36).Das größte Spielfeld für homophobe Parolen auf YouTube bietet allerdings die Musik. So ist es kein Zufall, dass die beiden Pöbler von Berlin im Verdacht stehen, einen Song produziert zu haben, der offen zur Gewalt gegen Schwule aufruft: "Seid wie ein Mann und zeigt, dass ihr keine Toleranz habt – haltet zusammen – und scheidet denen den Schwanz ab", wird hier gefordert. Oder auch: "nie wieder Gays online – mach mit, lasst uns die Welt von Aids befreien. Ja, worauf wartet ihr – wann wollt ihr handeln?".
G-Hot: 'Ich geh mit zehn MGs zum CSD'Derlei derbe Kost findet seinen Weg wiederholt in YouTube – und bleibt dort oft wochenlang stehen, bevor es entfernt wird. So war bis heute Mittag noch der Rap-Song "Keine Toleranz" von G-Hot auf der Seite aufrufbar, der in seinen Aussagen nicht gerade zimperlich ist: "Ich geh mit zehn MGs zum CSD und kämpf für die Heten, die auf Mädchen steh’n", heißt es dort oder: "Was ist bloß passiert, sie werden akzeptiert, es gab Zeiten, da wurden sie mit der Axt halbiert." Inzwischen ist das Machwerk verschwunden, es gibt nur noch den Hinweis: "This video has been removed due to terms of use violation."G-Hot, bürgerlich Gökhan Sensan, ist allerdings kein Hobby-Musiker, sondern verdient mit Sätzen wie "Nie wieder freilaufende Gays" richtig Geld. Von den Lesern des angesehenen Hiphop-Magazin "Juice" wurde der 24-Jährige zum "Newcomer des Jahres 2006" gewählt. Außerdem stand er beim großen Gossen-Rap-Label Aggro Berlin unter Vertrag, jetzt veröffentlichte er allerdings seinen Aufruf gegen Toleranz in Eigenregie gemeinsam mit dem Musik-Kollegen "Die Kralle". Eine Berliner Rapperin – sie will anonym bleiben – hat inzwischen Strafanzeige gegen G-Hot erstattet, berichtet rap.de. Sie sagte: "Das sind Nazi-Ideologien, die in unserer Gesellschaft nichts zu suchen haben und ich finde es schlimm, dass diese Leute Rap als Versteck und Plattform für ihren Hass, ihre Komplexe und Gehirnkrankheiten missbrauchen." Beamte des Landeskriminalamts hätten der Klage gute Chancen eingeräumt, erklärte sie weiter.Unterdessen macht sich auch auf YouTube Widerstand gegen derartige Hetz-Parolen breit. Eine lustige Parodie auf G-Hot ist inzwischen auf der Videoplattform veröffentlicht worden (
Link). Hierin fragen die Macher den homophoben Rapper: "Wurdest du in der Balettschule verhauen?". Titel des Songs: "Go Homo".

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